ZBB 2023, 372

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln 2199-1715 Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft ZBB 2023 RechtsprechungOberlandesgerichteWpHG v. 16. 7. 2007 §§ 13, 14 Abs. 1 Nr. 2; WpHG v. 5. 1. 2007 § 15 Abs. 1 Satz 1; WpHG v. 28. 10. 2004 § 37b Abs. 1; AktG § 17 Abs. 1Kapitalmarkthaftung einer Holdinggesellschaft wegen unterlassener Ad-hoc-Mitteilungen über möglicherweise kursrelevante Umstände aus dem operativen Geschäftsbereich einer Beteiligungsgesellschaft WpHG v. 16. 7. 2007§ 13 WpHG v. 16. 7. 2007§ 14 WpHG v. 5. 1. 2007§ 15 WpHG v. 28. 10. 2004§ 37b AktG§ 17 OLG Stuttgart, Beschl. v. 29.03.2023 – 20 Kap 2/17, BKR 2023, 550OLG StuttgartBeschl.29.3.202320 Kap 2/17BKR 2023, 550

Leitsätze des Gerichts:

1. Sind mehrere börsennotierte Unternehmen von demselben Ereignis unmittelbar betroffen i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 WpHG a. F., und liegen die sonstigen Voraussetzungen der Ad-hoc-Pflicht bei ihnen vor, so haben alle diese Unternehmen gesonderte Ad-hoc-Meldungen zu veröffentlichen.
2. Eine Holdinggesellschaft kann von Vorgängen aus der Sphäre einer Beteiligungsgesellschaft i. S. d. § 15 Abs. 1 WpHG a. F. auch dann unmittelbar betroffen sein, wenn diese Vorgänge ausschließlich die Geschäftstätigkeit der Beteiligungsgesellschaft betreffen. Die Frage, ob die Holdinggesellschaft von derartigen Vorgängen unmittelbar betroffen ist, ist anhand einer wertenden Betrachtung der Umstände des konkreten Einzelfalls zu beantworten. In diese wertende Betrachtung haben insbesondere Gesichtspunkte wie die Art der Unternehmensverbindung und die Bedeutung des jeweiligen Ereignisses für die Holding einzufließen.
3. Die Publizitätspflicht gem. § 15 WpHG a. F. setzt voraus, dass der Vorstand des Emittenten entweder Kenntnis von einer Insiderinformation hat oder dass ihm diese infolge der Verletzung von Wissensorganisationspflichten nicht bekannt ist.
4. Nehmen Anleger einen Emittenten gem. § 37b Abs. 1 WpHG a. F. auf Schadensersatz wegen der unterlassenen Veröffentlichung von Insiderinformationen in Anspruch, so haben die Anleger zu beweisen, dass der Emittent Kenntnis von den fraglichen Insiderinformationen hatte bzw. dass seine Nichtkenntnis auf der Verletzung von Wissensorganisationspflichten beruhte.
5. Die Haftung einer börsennotierten Gesellschaft gem. § 37b WpHG a. F. kann grundsätzlich nicht auf Wissen gestützt werden, das auf Seiten eines mit dieser Gesellschaft verbundenen Unternehmens lediglich deshalb fingiert wird, weil die Vorstandsmitglieder des verbundenen Unternehmens die fragliche Insiderinformation pflichtwidrig nicht kannten.
6. Hat eine Person, die sowohl Vorstandsmitglied einer Holdinggesellschaft als auch einer Beteiligungsgesellschaft ist, aus ihrer Tätigkeit für die Beteiligungsgesellschaft Wissen erlangt, so kann eine Haftung der Holdinggesellschaft gem. § 37b Abs. 1 WpHG a. F. grundsätzlich nicht auf dieses Wissen gestützt werden, wenn es im Verhältnis zur Beteiligungsgesellschaft der Verschwiegenheitspflicht unterliegt.
7. Eine Durchbrechung der Verschwiegenheitspflicht im Interesse einer einheitlichen Konzernleitung kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn eine Gesellschaft zwar über die nach § 17 Abs. 1 AktG für ein Abhängigkeitsverhältnis ausreichende Möglichkeit verfügt, herrschenden Einfluss auf das abhängige Unternehmen auszuüben, davon aber nicht durch einheitliche Leitung (§ 18 Abs. 1 AktG) Gebrauch macht. Ebenso wenig lassen ein etwaiger Informationsanspruch aus § 15 WpHG a. F. oder die Treuepflicht der Doppelvorstandsmitglieder die Verschwiegenheitspflicht entfallen.
8. Die Befugnis zur Weiterleitung von der Verschwiegenheitspflicht unterliegenden Informationen an eine andere Gesellschaft setzt grundsätzlich voraus, dass der Vorstand der Gesellschaft, der gegenüber das Doppelvorstandsmitglied zur Verschwiegenheit verpflichtet ist, dieses davon entbunden hat.
9. Das Verbot der Weitergabe von Insiderinformationen gem. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a. F. kann der Weiterleitung des im Rahmen der Tätigkeit für eine Beteiligungsgesellschaft erlangten Wissens eines Doppelvorstandsmitglieds an den Gesamtvorstand der Holdinggesellschaft entgegenstehen.

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