RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH, Köln
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2199-1715
Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft
ZBB
2017
RechtsprechungOberlandesgerichteBGB § 490 Abs. 1, § 498Kündigung eines Immobiliar-Verbraucherdarlehens wegen Vermögensverschlechterung auch ohne Zahlungsverzug des Darlehensnehmers möglich
BGB§ 490
BGB§ 498
OLG Stuttgart, Urt. v. 29.03.2017 – 9 U 223/16 (rechtskräftig; LG Rottweil), ZIP 2017, 1897 = EWiR 2017, 551 (Krüger)OLG StuttgartUrt.29.3.20179 U 223/16rechtskräftigZIP 2017, 1897EWiR 2017, 551 (Krüger)LG Rottweil
Leitsätze der Redaktion:
1. Auch bei einem Immobiliardarlehen mit einem Verbraucher ist neben der Kündigung wegen Zahlungsverzugs nach § 498 BGB ein Rückgriff auf den allgemeinen außerordentlichen Kündigungsgrund des § 490 Abs. 1 BGB auch ohne Zahlungsverzug des Darlehensnehmers möglich. § 498 BGB genießt im Verhältnis zum Kündigungsgrund des § 490 Abs. 1 BGB auch bei einem Immobiliar-Verbraucherdarlehen keine Exklusivität.
2. Eine wesentliche Verschlechterung der Vermögensverhältnisse i. S. d. § 490 Abs. 1 BGB ist nicht allein rechnerisch zu ermitteln. Bei der Feststellung beachtenswert sind insbesondere die Realisierbarkeit der Aktiva, Flüssigkeit der Mittel, Fälligkeit der Schulden, Zahlungsstockung und Krediterschütterung. Maßnahmen der Zwangsvollstreckung, welche den Schuldner betreffen, sind grundsätzlich beachtlich, denn sie schränken die wirtschaftliche Beweglichkeit des Schuldners ein.
3. Für das Vorliegen der Kündigungsvoraussetzungen kommt es auf den Kündigungszeitpunkt an. Dass sich die Vermögenslage des Darlehensnehmers danach wieder verbessert oder sich der zu erwartende Niedergang nicht eingestellt hat, ist nicht relevant.
4. Bei der Prüfung, ob durch die Vermögensverschlechterung der Rückzahlungsanspruch der Bank gefährdet ist, müssen die bestellten Sicherheiten bewertet werden. Dabei ist der sog. Zerschlagungswert maßgeblich.
5. Die Einhaltung einer besonderen Frist oder die Vorschaltung einer Abmahnung sind im Rahmen der – nicht verhaltensbedingten – außerordentlichen Kündigung nach § 490 Abs. 1 BGB grundsätzlich nicht erforderlich. Die Bank ist auch nicht verpflichtet, eine Aufstockung der Sicherheiten zu verlangen bzw. Gelegenheit hierzu zu geben.