RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH, Köln
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0936-2800
Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft
ZBB
2009
Rechtsprechung
VI. Landgerichte
BGB §§ 276, 280, 252, 254 Abs. 2Zur Aufklärungspflicht der beratenden Bank über Rückvergütungen
BGB§ 276
BGB§ 280
BGB§ 252
BGB§ 254
LG Berlin, Urt. v. 02.10.2009 – 4 O 8/09 (nicht rechtskräftig), ZIP 2009, 2288 (LS)LG BerlinUrt.2.10.20094 O 8/09nicht rechtskräftigZIP 2009, 2288 (LS)
Leitsätze:
1. Solange sich in der Allgemeinheit nicht die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass bei Mitarbeitern der Großbanken im Zweifel davon auszugehen ist, dass diese die Interessen kapitalsuchender Dritter vertreten und das etwa bereits bestehende Kundenverhältnis nur zur Kontaktaufnahme nutzen, besteht kein Anlass zu einer Änderung der Grundsätze, nach denen ein Beratungsvertrag auch mit einer Bank stillschweigend zustande kommen kann.
2. Der Zeichner eines Medienfonds kann von einer Bank, mit der er – auch stillschweigend – einen Beratungsvertrag geschlossen hat, eine Aufklärung darüber erwarten, dass die Bank aus seiner Einlage einen Teil als Vertriebsprovision erhält (sog. Rückvergütung, Anschluss BGH – XI ZR 510/07, ZIP 2009, 455). Dies gilt auch dann, wenn sich aus dem Prospekt die Höhe der weichen Kosten korrekt ergibt und es dem Vertrieb gestattet war, Untervermittler einzusetzen.
3. Eine Bank, die ihren Kunden unter den genannten Voraussetzungen nicht aufklärt, handelt auch dann schuldhaft im Sinne unbewusster Fahrlässigkeit gem. § 276 BGB, wenn die Beratung noch vor Bekanntwerden der Entscheidungen des BGH vom 19. 12. 2006 (XI ZR 56/05, ZIP 2007, 518) und 20. 1. 2009 (XI ZR 510/07, ZIP 2009, 455) stattgefunden hat.
4. Hat ein Anleger bei früherer Gelegenheit einen Fondsanteil gezeichnet, für dessen Vertrieb die ihn seinerzeit beratende Bank mit seinem Wissen eine Rückvergütung erhielt, kann hieraus nicht darauf geschlossen werden, dass ihm bei einer späteren Zeichnung gleichgültig war, ob die Bank auch dort eine – nicht offengelegte – Innenprovision erhält.
5. Ein Kapitalanleger kann sich (entgegen BGH – II ZR 141/90, ZIP 1992, 324) bei der Geltendmachung entgangenen Gewinns nicht mehr auf den Erfahrungssatz berufen, dass Kapitalbeträge gewissen Umfangs nicht ungenutzt blieben, weil die nunmehr herrschenden Kapitalmarktverhältnisse die Annahme nicht mehr rechtfertigen, dass aus Alternativanlagen in jedem Fall Gewinn erzielt worden wäre und daher allein die Falschberatung den Eintritt von Gewinn verhindert hat (Anschluss KG – 4 U 143/06, Anlagezeitpunkt hier: 2003/04).
6. Ein Anleger, der seine Fondseinlage drittfinanziert hat, ist bei Inanspruchnahme der beratenden Bank nicht zur Schadensminderung gehalten, der finanzierenden Bank gegenüber einen Widerruf des Darlehensvertrages nach dem VerbrKrG oder nach § 495 BGB zu erklären.