RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH, Köln
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Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft
ZBB
2002
Rechtsprechung
IV. Oberlandesgerichte
AuslInvestmG §§ 7, 1, 2 Nr. 4 Buchst. f; BGB § 823 Abs. 2, § 826; KWG § 32Sittenwidrigkeit anwaltlicher Treuhändertätigkeit beim Vertrieb von Auslandsinvestmentanteilen unter Missachtung der Anzeigepflicht nach KWG
AuslInvestmG§ 7
AuslInvestmG§ 1
AuslInvestmG§ 2
BGB§ 823
BGB§ 826
KWG§ 32
OLG Celle, Urt. v. 14.08.2002 – 9 U 67/02, ZIP 2002, 2168OLG CelleUrt.14.8.20029 U 67/02ZIP 2002, 2168
Leitsätze:
1. Die deutsche internationale Zuständigkeit ist auch nach der ZPO-Reform jedenfalls im sachlichen Anwendungsbereich des EuGVÜ ungeachtet des Wortlauts des § 513 Abs. 2 ZPO in allen Instanzen von Amts wegen zu prüfen.
2. Inländische Funktionsträger einer auf asiatischen Finanzmärkten investierenden Kapitalanlagegesellschaft, die in der Rechtsform einer Ltd. auf den British Virgin Islands registriert ist, am behaupteten tatsächlichen Verwaltungssitz Hongkong nur über einen „Büroservice“ erreichbar ist und ihre Vertriebs-ZBB 2002, 508tätigkeit gegenüber Kapitalanlegern von Deutschland aus entfaltet, können einer Handelndenhaftung nach deutschem Recht unterliegen.
3. Stille Beteiligungen an einer ausländischen Investmentgesellschaft sind eine von § 1 Abs. 1 AuslInvestmG erfasste Beteiligungsform.
4. Eine ausländische Investmentgesellschaft haftet nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 7 AuslInvestmG für Substanzverluste des Anlagekapitals, wenn der öffentliche Vertrieb der Anteile in Deutschland dem Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (nunmehr: Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) nicht förmlich angezeigt worden ist. Ebenso haftet sie nach § 823 Abs. 2 BGB, wenn die materiellen Schutzanforderungen nach § 2 AuslInvestmG (etwa das Verbot der Kreditaufnahme, § 2 Nr. 4 Buchst. f AuslInvestmG) nicht beachtet wurden.
5. Wer in den öffentlichen Vertrieb von Auslandsinvestmentanteilen unter Missachtung der gesetzlichen Anzeigepflicht und der materiellrechtlichen Vertriebserfordernisse in herausragender Funktion, etwa als Zeichnungsvertrauen schaffender anwaltlicher Treuhänder, eingebunden ist, handelt gegenüber dem Anleger sittenwidrig i. S. d. § 826 BGB, wenn ihm die Missachtung der Rechtsvorschriften bekannt ist oder wenn er sich nicht über die rechtlichen Rahmenbedingungen auf dem teilregulierten Markt vergewissert hat.
6. § 32 KWG ist ein Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB.
7. Der Kapitalanleger einer Auslandsinvestmentgesellschaft ist für die Höhe seines Auseinandersetzungsanspruchs trotz begrenzter Informationen über das Investitionsverhalten der Gesellschaft darlegungspflichtig; das Prozessrecht folgt mit den Anforderungen an die Darlegungslast den Wertungen des materiellen Rechts.