ZBB 2024, 317

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln 2199-1715 Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft ZBB 2024 RechtsprechungOberlandesgerichteBGB §§ 246, 307 Abs. 1, 2 Nr. 1, §§ 696, 700 Abs. 1; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 606 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2, 3, § 608 Abs. 1; UKlaG § 4; RL 93/13/EWG Art. 3 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1; SparkAGB Nr. 26 Abs. 1Kapitalanleger-Musterverfahren: Zulässigkeit von Musterfeststellungsanträgen; Wirksamkeitsprüfung für Kündigungs- und Zinsanpassungsklausel in einem formularmäßigen Prämiensparvertrag einer Sparkasse BGB§ 246 BGB§ 307 BGB§ 696 BGB§ 700 ZPO § 253 ZPO § 606 ZPO § 608 UKlaG§ 4 RL 93/13/EWGArt. 3 RL 93/13/EWGArt. 4 RL 93/13/EWGArt. 5 SparkAGBNr. 26 BayObLG, Urt. v. 28.02.2024 – 101 MK 1/20, WM2024, 1406BayObLGUrt.28.2.2024101 MK 1/20WM2024, 1406

Orientierungssätze:

1. Feststellungen zu Fragestellungen, die nicht generell für die zum Verfahren angemeldeten Verbraucher, sondern nur individuell für die jeweiligen Anspruchsinhaber beantwortet werden können, können im Musterverfahren nicht getroffen werden (Anschluss BGH, Beschl. v. 17. 12. 2020 – II ZB 31/14, NJW-RR 2021, 430).
2. Verschiedene Feststellungsziele können in einer Musterfeststellungsklage geltend gemacht werden. Die Häufung von Streitgegenständen ist der Musterfeststellungsklage eigen. Erst nach Ablauf der Anmeldefrist können keine zusätzlichen Lebenssachverhalte mehr im Wege der Klageerweiterung in das Verfahren eingeführt werden, da sich Verbraucher ab diesem Zeitpunkt nicht mehr zu dem Lebenssachverhalt anmelden können, der neu in den Prozess eingeführt werden soll. Liegen hingegen bereits den mit der Klageschrift geltend gemachten Feststellungszielen mehrere Lebenssachverhalte zugrunde, die gem. § 606 Abs. 2 Satz 2 ZPO in der Fassung vom 12. 7. 2018 in der Klageschrift dargestellt sind, steht der Wortlaut der Norm der gemeinsamen Verfolgung in einer Musterfeststellungsklage nicht von vorneherein entgegen.
3. Eine Formularklausel in Prämiensparverträgen einer Sparkasse, nach der sowohl Kunde als auch die Sparkasse die Geschäftsbezie-ZBB 2024, 318hung jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen können und die Sparkasse bei ihrer Kündigung den berechtigten Belangen des Kunden angemessen Rechnung tragen und nicht zur Unzeit kündigen wird (Nr. 26 Abs. 1 Spark-AGB in der vor Oktober 2015 geltenden Fassung), ist zwar intransparent i. S. d. Art. 5 Abs. 1 RL 93/13 EWG, jedoch nicht aus diesem Grund missbräuchlich i. S. d. Art. 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 der Richtlinie.
4. Die Klausel, die Sparkasse zahle den „jeweils gültigen Zinssatz, z. Zt. … %“, beinhaltet nach der gebotenen objektiven Auslegung die Vereinbarung eines variablen Zinssatzes als Gegenleistung der Sparkasse ein Zinsänderungsrecht, nach dem diese den Zinssatz durch die Änderung eines Aushangs in ihrem Kassenraum ändern kann (vergleiche BGH, Urt. v. 24. 11. 2021 – XI ZR 461/20, juris). Als Preisregelung unterliegt die Vereinbarung einer variablen Verzinsung ebenso wie die Vereinbarung des anfänglichen Vertragszinses selbst keiner AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle (Anschluss BGH, Urt. v. 6. 10. 2021 – XI ZR 234/20, BGHZ 231, 215).
5. Das den Bedingungen für den Sparverkehr vorgesehene Zinsänderungsrecht der Musterbeklagten, nach dem diese den Zinssatz durch die Änderung eines Aushangs in ihrem Kassenraum (Geschäftsraum) ändern kann, ist hingegen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle unterworfen und unwirksam. Da die Zinsänderungsklausel unwirksam ist, ist das darin enthaltene einseitige Leistungsbestimmungsrecht der Musterbeklagten – ersatzlos – weggefallen. Die maßgeblichen Parameter der Zinsanpassung (u. a. den Referenzzinssatz, an den die Veränderung des Vertragszinses gebunden ist) hat das Gericht im Rahmen einer ergänzenden Vertragsauslegung gemäß dem mutmaßlichen Parteiwillen zu bestimmen.

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