RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH, Köln
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0936-2800
Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft
ZBB
2006
Rechtsprechung
IV. Oberlandesgerichte
BGB § 823 Abs. 2, §§ 826, 830 Abs. 2; HGB § 128; InsO §§ 92, 93; KWG § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7, §§ 32, 54; StGB §§ 27, 263Zur Frage der Sittenwidrigkeit bei Schuldscheindarlehensgeschäften, der Erlaubnispflichtigkeit von Schuldscheindarlehensgeschäften und Schuldscheindarlehenspensionsgeschäften, der Schutzgesetzeigenschaft von §§ 32, 54 KWG und der Wirksamkeit der Abtretung einer zur Insolvenzmasse gehörenden Forderung durch den Insolvenzverwalter
BGB§ 823
BGB§ 826
BGB§ 830
HGB§ 128
InsO§ 92
InsO§ 93
KWG§ 1
KWG§ 32
KWG§ 54
StGB§ 27
StGB§ 263
OLG München, Urt. v. 22.02.2006 – 7 U 4657/05, WM 2006, 1765OLG MünchenUrt.22.2.20067 U 4657/05WM 2006, 1765
Leitsätze:
1. Die Vermittlung von Schuldscheindarlehensgeschäften durch eine GmbH mit einem Stammkapital von 500 000 DM ist als Geschäftsmodell als solches nicht sittenwidrig, wenn Vertragspartner nicht zielgerichtet geschädigt werden sollen.
2. Auch während eines laufenden Insolvenzverfahrens können einzelne Gläubiger grundsätzlich Ansprüche aus § 826 BGB wegen angeblich sittenwidriger Spekulationsgeschäfte zum Nachteil der Gläubiger bei einem Missverhältnis zwischen Stammkapital und Geschäftsrisiko gegen Mitgesellschafter der Gemeinschuldnerin geltend machen. Die Haftung eines Mitgesellschafters erstreckt sich jedoch nicht auf Schäden bei Vertragspartnern der GmbH, die ohne sein Wissen durch kriminelle Machenschaften des Geschäftsführers (hier: betrügerische Doppelabtretungen) verursacht wurden.
3. Schuldscheindarlehens-Pensionsgeschäfte sind nach § 1 Abs. 1 Nr. 7 KWG a. F. auch dann erlaubnispflichtig, wenn nur eine faktische Verpflichtung zur Darlehensrücknahme besteht.
4. Das Betreiben erlaubnispflichtiger Bankgeschäfte i. S. d. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 KWG ohne die hierfür erforderliche Erlaubnis stellt eine Schutzgesetzverletzung nach §§ 32, 54 KWG, § 823 Abs. 2 BGB dar. Der Schutzzweck der Norm erfasst jedoch Schäden, die durch betrügerische Doppelabtretungen der Schuldscheindarlehen verursacht wurden, nicht. Dem Mitgesellschafter sind die durch die kriminellen Machenschaften des Geschäftsführers entstandenen Schäden der Gläubiger nach den Grundsätzen des Haupttäterexzesses nicht zuzurechnen (im Anschluss an BGH WM 2005, 2144).
5. Tritt ein Insolvenzverwalter eine zur Konkursmasse gehörende Forderung (hier u. a.: existenzvernichtender Eingriff) ab, so ist die Abtretung wegen eines darin liegenden offenbaren Verstoßes gegen den Insolvenzzweck unwirksam, wenn nach der zwischen den Parteien getroffenen Erlösvereinbarung 80 % des „Gewinns“ dem Zessionar zustehen sollen und lediglich 20 % an die Masse auszukehren sind.