RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln
RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln
2199-1715
Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft
ZBB
2024
RechtsprechungEuropäischer GerichtshofRL 2008/48/EG Art. 3 Buchst. g, Art. 10 Abs. 2 Buchst. g, Art. 23; RL 93/13/EWG Art. 3 Abs. 1, Art. 4 Abs. 2, Art. 6 Abs. 1, Art. 7 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. oAuslegung einschlägiger EU-Richtlinien bezüglich fehlender Angaben relevanter Kosten sowie Nebenleistungen eines Verbraucherkreditvertrags („Profi Credit Bulgaria (Services accessoires au contrat de crédit)“)
RL 2008/48/EGArt. 3
RL 2008/48/EGArt. 10
RL 2008/48/EGArt. 23
RL 93/13/EWGArt. 3
RL 93/13/EWGArt. 4
RL 93/13/EWGArt. 6
RL 93/13/EWGArt. 7
EuGH, Urt. v. 21.03.2024 – Rs C-714/22 (Rayongericht Sofia, Bulgarien), WM 2024, 974EuGHUrt.21.3.2024Rs C-714/22WM 2024, 974Rayongericht Sofia, Bulgarien
Urteilsausspruch:
1. Art. 3 Buchst. g RL 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. 4. 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der RL 87/102/EWG des Rates ist dahin auszulegen, dass die Kosten für Nebenleistungen zu einem Verbraucherkreditvertrag, die dem Verbraucher, der diese Leistungen erwirbt, Priorität bei der Prüfung seines Kreditantrags und der Bereitstellung des Darlehensbetrags sowie die Möglichkeit einer Stundung oder Verringerung der Monatsraten einräumen, unter den Ausdruck „Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher“ im Sinne dieser Bestimmung und folglich unter den Begriff „effektiver Jahreszins“ im Sinne von Art. 3 Buchst. i fallen, wenn sich der Erwerb dieser Leistungen als zwingend erweist, damit der betreffende Kredit gewährt wird, oder wenn diese eine Konstruktion zur Verschleierung der tatsächlichen Kosten des Kredits darstellen.
2. Art. 10 Abs. 2 Buchst. g und Art. 23 RL 2008/48 sind dahin auszulegen, dass sie dem nicht entgegenstehen, dass ein Verbraucherkreditvertrag, wenn er keinen effektiven Jahreszins angibt, der alle in Art. 3 Buchst. g dieser Richtlinie vorgesehenen Kosten umfasst, als zins- und kostenfrei gilt, so dass seine Nichtigerklärung nur die Rückerstattung des Darlehensbetrags durch den betreffenden Verbraucher zur Folge hat.
3. Art. 4 Abs. 2 RL 93/13/EWG des Rates vom 5. 4. 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen ist dahin auszulegen, dass Klauseln, die Nebenleistungen zu einem Verbraucherkreditvertrag betreffen und dem Verbraucher, der diese Leistungen erwirbt, Priorität bei der Prüfung seines Kreditantrags und der Bereitstellung des Darlehensbetrags sowie die Möglichkeit einer Stundung oder Verringerung der Monatsraten einräumen, grundsätzlich nicht zum Hauptgegenstand dieses Vertrags im Sinne dieser Bestimmung gehören und daher der Beurteilung ihrer Missbräuchlichkeit nicht entzogen sind.
4. Art. 3 Abs. 1 RL 93/13 ist dahin auszulegen, dass eine Klausel eines Verbraucherkreditvertrags, die es dem betreffenden Verbraucher ermöglicht, die monatlichen Kreditraten gestundet zu bekommen oder neu zu staffeln, wenn er zusätzliche Kosten zahlt, selbst wenn nicht feststeht, dass dieser Verbraucher von dieser Möglichkeit Gebrauch machen wird, missbräuchlich sein kann, wenn u. a. diese Kosten im Verhältnis zum Betrag des gewährten Darlehens eindeutig unverhältnismäßig sind.
ZBB 2024, 262
5. Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 RL 93/13 sind im Licht des Effektivitätsgrundsatzes dahin auszulegen, dassc sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der ein Verbraucher verpflichtet werden kann, einen Teil der Verfahrenskosten zu tragen, wenn nach der Feststellung der Nichtigkeit einer Vertragsklausel wegen Missbräuchlichkeit seinem Antrag auf Rückerstattung von Beträgen, die er aufgrund dieser Klausel rechtsgrundlos gezahlt hat, nur teilweise stattgegeben wird, weil es in der Praxis unmöglich oder übermäßig schwierig ist, den Umfang des Anspruchs dieses Verbrauchers auf Rückerstattung dieser Beträge zu bestimmen.