RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH, Köln
RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH, Köln
0936-2800
Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft
ZBB
2012
Rechtsprechung
V. Oberlandesgerichte
WpHG § 37aObjektiv bedeutsame Fehlinformation über Garantin (Lehman Brothers Holding Inc.)
WpHG§ 37a
OLG München, Urt. v. 22.05.2012 – 5 U 1725/11 (LG München I), BB 2012, 1550 (LS)OLG MünchenUrt.22.5.20125 U 1725/11BB 2012, 1550 (LS)LG München I
Leitsätze:
1. Wird ein von der Emissionsgesellschaft Lehmann Brothers Treasury Co. B. V. emittiertes und von der Konzernobergesellschaft Lehman Brothers Holdings Inc. garantiertes Finanzprodukt dem potenziellen Anleger im Beratungs- oder Vermittlungsgespräch und in der schriftlichen Produktbeschreibung als eine Anlage dargestellt, hinter der die US-amerikanische Investmentbank stehe, so handelt es sich um eine objektiv bedeutsame Fehlinformation über eine wesentliche Produkteigenschaft, weil – entgegen den den Entscheidungen des BGH v. 27. 9. 2011 (XI ZR 178/10, ZIP 2011, 2246, dazu EWiR 2011, 765 (Bausch) und XI ZR 182/10, ZIP 2011, 2237 (m. Anm. Klöhn, S. 2244), dazu EWiR 2011, 763 (Lang Volker)) zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen – die Garantin Lehman Brothers Holdings Inc. personenverschieden ist von der unter Lehman Brothers Inc. firmierenden US-amerikanischen Investmentbank, Letztere (nur) eine Tochtergesellschaft der Investmentbank ist und dem Bankenstatus des Vertragspartners – hier dem Status einer US-amerikanischen Investmentbank – unter dem Gesichtspunkt der Risikoträchtigkeit des Anlageprodukts in der Regel ein für den Anlageentschluss bedeutsames Gewicht zukommt.
2. Als Zeitpunkt der Anspruchsentstehung, mit dem die Verjährungsfrist des § 37a WpHG a. F. in Lauf gesetzt wird, ist der Zeitpunkt des unwiderruflichen und vollzogenen Erwerbs der Anlage anzusehen (BGH, Urt. v. 24. 3. 2011 – III ZR 81/10, ZIP 2011, 1012, dazu EWiR 2011, 659 (Podewils, F.)).
3. Eine mehrseitige, an potenzielle Anlageinteressenten gerichtete Produktbeschreibung, die über die Funktionsweise des Zertifikats, die der Renditeberechnung zugrunde liegenden Bezugsfaktoren, die der Anleihe zugrunde liegende Investitionsstrategie, die Chancen und Risiken, die Partner und die steuerliche Behandlung informiert und schließlich eine einseitige Zusammenstellung der Eckdaten des Anlageprodukts enthält, ist als Prospekt im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Prospekthaftung im engeren Sinne (etwa BGH, Urt. v. 17. 11. 2011 – III ZR 103/10, ZBB 2012, 137 (Hellgardt, S. 73) = ZIP 2011, 2410, dazu EWiR 2012, 39 (Derleder)) zu qualifizieren.