RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH, Köln
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0936-2800
Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft
ZBB
2009
Rechtsprechung
IV. Oberlandesgerichte
BGB §§ 134, 138, 254, 305b, 307; WpHG §§ 31 ff. a. F., §§ 2, 31aZur Haftung eines Kreditinstituts wegen unzureichender Aufklärung eines kommunalen Unternehmens bei Zinsswap- Geschäften
BGB§ 134
BGB§ 138
BGB§ 254
BGB§ 305b
BGB§ 307
WpHG a. F.§ 31
WpHG§ 2
WpHG§ 31a
OLG Bamberg, Urt. v. 11.05.2009 – 4 U 92/08 (LG Würzburg; nicht rechtskräftig), ZIP 2009, 1209 = BKR 2009, 288 = DB 2009, 1532OLG BambergUrt.11.5.20094 U 92/08ZIP 2009, 1209BKR 2009, 288DB 2009, 1532LG Würzburg; nicht rechtskräftig
Leitsätze:
1. Auch in der Ausgestaltung der Ziff. 5.1 (hier: 2. Absatz) des sog. Derivate-Erlasses des Bayer. Staatsministeriums des Inneren vom 8. 11. 1995 genügt das kommunalrechtliche Spekulationsverbot nicht den Bestimmtheitsanforderungen an ein konkretes Verbot i. S. d. § 134 BGB.
2. Auch das (deutliche) Ungleichgewicht der wechselseitigen Chancen und Risiken, wie es durch die Koppelung der Zahlungsstruktur eines sog. CMS-Spread-Ladder-Swaps (CSL-Swaps) mit einem einseitigen Beendigungsrecht der Bank ohne Ausgleichszahlung bedingt ist, erfüllt nicht die Anforderungen an ein sittenwidriges – auffälliges oder sogar krasses – Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung i. S. d. § 138 BGB.
3. Für das Vorliegen einer Individualabrede i. S. d. § 305b BGB über die gesamte vertragliche Zahlungsstruktur reicht es auch bei einem sog. CSL-Swap aus, dass die Bank ihr ursprüngliches Angebot nicht nur hinsichtlich der (bzw. eines der) beiden Festzinssätze für die wechselseitigen „fixen“ Zahlungen im ersten Geschäftsjahr, sondern auch bezüglich der ursprünglich vorgegebenen Zahlenwerte für den als „Strike“ bezeichneten Parameter in der Berechnungsformel für den variablen Zinssatz nachgebessert hat.
4. Ein Wertpapierdienstleister ist grundsätzlich nicht verpflichtet, die Beratung eines kommunalen Versorgungsunternehmens auch auf das Bestehen eines allgemeinen Spekulationsverbots oder gar auf die Frage einer „möglichen“ Unvereinbarkeit des beabsichtigten Geschäfts mit diesem Verbot (bzw. den entsprechenden Verwaltungsvorschriften) zu erstrecken (im Anschluss an OLG Dresden ZIP 2004, 1498 gegen OLG Naumburg ZIP 2005, 1546 = WM 2005, 1313).
5. Die Vermutung eines aufklärungsrichtigen Verhaltens ist widerlegt, wenn die Kundenseite behauptet, sie hätte bereits bei Unterrichtung über einen bestimmten Ausschnitt des aufklärungserheblichen Sachverhaltes (hier: das mehrmalige Auftreten einer inversen Zinsstruktur in der Vergangenheit) von dem Geschäft Abstand genommen, sich aber dann entgegen ihrem Vorbringen herausstellt, dass jedenfalls über diesen konkreten Teilaspekt aufgeklärt worden war.
6. Eine Kundenseite, die von einem seit mehreren Jahren (auch) im Derivat-Geschäft tätigen Finanzfachmann (hier: einem diplomierten Betriebswirt und Leiter des „Finanzmanagements“ eines kommunalen Konzerns) vertreten wird, muss auch bei Verhandlungen über einen CSL-Swap weder über die Optionsstruktur eines solchen Geschäfts noch über das sog. Marktwertrisiko (einschließlich eines anfänglich negativen Marktwerts) aufgeklärt werden. Sie hat auch keinen Anspruch auf eine Offenlegung der finanzmathematischen und kalkulatorischen Grundlagen, nach denen die Bank den sog. Rückzahlungswert im Fall einer vom Kunden vorzeitig gewünschten Vertragsbeendigung berechnet.
7. In einem solchen Fall besteht auch kein Aufklärungsbedarf bezüglich der Höhe der von der Bank in die Berechnungsformel eingepreisten „Gewinnmarge“.
8. Die Rechtssprechungsgrundsätze zum Ausschluss des Mitverschuldenseinwandes der Beraterseite sind von vorn-herein nicht einschlägig, wenn dem Kunden angelastet wird, nicht nur den hochspekulativen Charakter des schadensträchtigen Geschäfts vollauf erfasst, sondern sich zugleich über zutreffende Hinweise der Beraterseite bzw. über unabhängig vom Verlauf der Beratungsgespräche erkannte Risikofaktoren hinweggesetzt zu haben (im Anschluss an BGH ZIP 1982, 169 = NJW 1982, 1095, 1097).