RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln
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2199-1715
Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft
ZBB
2024
RechtsprechungBundesgerichtshofBGB § 356b Abs. 2 Satz 1, § 357 Abs. 4 Satz 1, § 358 Abs. 4 Satz 1, § 492 Abs. 2; EGBGB Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 2, 11, § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 5, § 6 Abs. 2 Satz 3, § 7 Abs. 1 Nr. 3, 4Ordnungsgemäße Widerrufsinformationen bei mit einem Kfz-Kaufvertrag verbundenen Verbraucherdarlehensvertrag
BGB§ 356b
BGB§ 357
BGB§ 358
BGB§ 492
EGBGBArt. 247
EGBGB§ 3
EGBGB§ 6
EGBGB§ 6
EGBGB§ 7
BGH, Urt. v. 27.02.2024 – XI ZR 258/22 (OLG Saarbrücken), ZIP 2024, 625BGHUrt.27.2.2024XI ZR 258/22ZIP 2024, 625OLG Saarbrücken
Amtliche Leitsätze:
1. Eine richtlinienkonforme Auslegung der in Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB angeordneten Gesetzlichkeitsfiktion scheidet angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlauts auch bei einem Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag im Anwendungsbereich der RL 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl 2008, L 133, 66, berichtigt in ABl 2009, L 207, S14, ABl 2010, L 199, 40 und ABl 2011, L 234, 46; im Folgenden: Verbraucherkreditrichtlinie) aus (Bestätigung von Senatsbeschl. v. 31. 3. 2020 XI ZR 198/19, WM 2020, 838, Rz. 11).
2. Bei einem Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag im Anwendungsbereich der Verbraucherkreditrichtlinie muss nach § 492 Abs. 2 BGB i. V. m. Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB gegebenenfalls klar und verständlich angegeben werden, dass es sich um einen verbundenen Darlehensvertrag handelt und dass dieser Vertrag als befristeter Vertrag geschlossen worden ist.
3. Bei einem Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag im Anwendungsbereich der Verbraucherkreditrichtlinie beginnt die Widerrufsfrist im Falle einer unvollständigen oder fehlerhaften Information nach § 356b Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 492 Abs. 2 BGB nur zu laufen, wenn die Unvollständigkeit oder Fehlerhaftigkeit dieser Information nicht geeignet ist, sich auf die Befähigung des Verbrauchers, den Umfang seiner aus dem Darlehensvertrag herrührenden Rechte und Pflichten einzuschätzen, oder auf seine Entscheidung, den Vertrag zu schließen, auszuwirken und ihm gegebenenfalls die Möglichkeit zu nehmen, seine Rechte unter im Wesentlichen denselben Bedingungen wie denen auszuüben, die vorgelegen hätten, sofern die Information vollständig und zutreffend erteilt worden wäre.
4. Das Fehlen der Angaben des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden konkreten Verzugszinssatzes und der Art und Weise seiner Anpassung nach § 356b Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 492 Abs. 2 BGB i. V. m. Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB hindert das Anlaufen der Widerrufsfrist nicht (Aufgabe von Senatsurt. v. 12. 4. 2022 – XI ZR 179/21, WM 2022, 979, Rz. 10).
5. Bei einem Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag im Anwendungsbereich der Verbraucherkreditrichtlinie ist die nach Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB erforderliche Information über die Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung klar und verständlich, wenn der Darlehensnehmer die zu zahlende Vorfälligkeitsentschädigung oder zumindest deren Höchstbetrag leicht ermitteln kann. Falls eine solche Klausel einer Inhaltskontrolle nach nationalem Recht nicht standhält, hindert dies das Anlaufen der Widerrufsrist nach § 495 Abs. 1 BGB i. V. m. § 355 Abs. 2, § 356b BGB nicht (Bestätigung von Senatsurt. v. 28. 7. 2020 XI ZR 288/19, BGHZ 226, 310, Rz. 24 ff.).
6. Zu den Angaben über das einzuhaltende Verfahren bei der Kündigung des Vertrags nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB gehört nicht die Information über das außerordentliche Kündigungsrecht des § 314 BGB, sondern nur soweit einschlägig die Information über das Kündigungsrecht gemäß § 500 Abs. 1 BGB (Bestätigung von Senatsurt. v. 5. 11. 2019 – XI ZR 650/18, BGHZ 224, 1, Rz. 29 ff.).
7. Bei Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen im Anwendungsbereich der Verbraucherkreditrichtlinie erfordert die Information über den Zugang des Verbrauchers zu einem außergerichtlichen Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren nach Art. 247 § 7 Abs. 1 ZBB 2024, 210Nr. 4 EGBGB, dass der Verbraucher über alle ihm seitens des Darlehensgebers zur Verfügung stehenden außergerichtlichen Beschwerde- oder Rechtsbehelfsverfahren und gegebenenfalls die mit ihnen jeweils verbundenen Kosten informiert wird; ferner muss er im Kreditvertrag darüber belehrt werden, ob die Beschwerde oder der Rechtsbehelf auf Papier oder elektronisch einzureichen ist, des Weiteren über die physische oder elektronische Adresse, an die die Beschwerde oder der Rechtsbehelf zu senden ist, und schließlich über die sonstigen formalen Voraussetzungen, denen die Beschwerde oder der Rechtsbehelf unterliegt (Aufgabe von Senatsbeschl. v. 11. 2. 2020 – XI ZR 648/18, juris Rn. 37 ff.).
8. Bei einem mit einem im stationären Handel geschlossenen Fahrzeugkaufvertrag verbundenen und vom Darlehensnehmer widerrufenen Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag entfällt das Leistungsverweigerungsrecht des Darlehensgebers nach § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB nicht dadurch, dass der Darlehensnehmer das Fahrzeug an einen weder an dem Darlehensvertrag noch an dem damit verbundenen Kaufvertrag beteiligten Dritten veräußert hat (Bestätigung von Senatsurt. v. 14. 2. 2023 – XI ZR 152/22, BGHZ 236, 148, Rz. 24 ff.).