RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH, Köln
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2199-1715
Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft
ZBB
2016
RechtsprechungIII. Oberlandesgerichte
BGB §§ 826, 166Zur Wissenszurechnung bei Haftung der Initiatorin eines geschlossenen Immobilienfonds wegen sittenwidriger Schädigung aufgrund fehlerhaftem Emissionsprospekt
BGB§ 826
BGB§ 166
KG, Urt. v. 27.08.2015 – 2 U 57/09 (nicht rechtskräftig; LG Berlin), WM 2015, 2365 = EWiR 2016, 77 (Fuchs/Ossendot)KGUrt.27.8.20152 U 57/09nicht rechtskräftigWM 2015, 2365EWiR 2016, 77 (Fuchs/Ossendot)LG Berlin
Leitsätze des Gerichts:
1. Die Initiatorin eines geschlossenen Immobilienfonds und Prospektherausgeberin kann den Fondsanlegern auf Schadensersatz wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB haften, wenn sie Kenntnis von einem konkreten, behördlich festgestellten Altlastenverdacht in Bezug auf das Fondsgrundstück hat und im Fondsprospekt auf diesen Umstand nicht hingewiesen wird.
2. Ist Fondsinitiatorin und Prospektherausgeberin eine juristische Person, so muss die haftungsbegründende Kenntnis nicht zwingend bei deren gesetzlichem Vertreter vorliegen; es reicht vielmehr aus, dass die entsprechenden Informationen und Unterlagen in ihren Einflussbereich gelangt und von den fachlich zuständigen Mitarbeitern erfasst worden sind. Denn auch im Anwendungsbereich des § 826 BGB muss sich eine juristische Person das ihr ein-ZBB 2016, 213mal vermittelte, typischerweise aktenmäßig festgehaltene Wissen zurechnen lassen. Die vom BGH zur Arglisthaftung beim Grundstückskaufvertrag entwickelten Grundsätze der „Wissenszusammenrechnung“ sind, da ihr materieller Grund im Verkehrsschutz liegt, auf die deliktische Vorsatzhaftung zu übertragen. Auf den Schädigungsvorsatz der juristischen Person ist – wie bei einer natürlichen Person – aus der Kenntnis von den objektiven Umständen zu schließen, da § 826 BGB ein voluntatives Element, welches über die offensichtliche Inkaufnahme der negativen Folgen des eigenen Handelns für Dritte hinausgeht, nicht verlangt.
3. Ein „außergewöhnlicher Steuervorteil“, den der geschädigte Anleger bei der Schadensberechnung im Wege der Vorteilsausgleichung in Abzug bringen muss, liegt bei einer Fondsgesellschaft in Form der GbR noch nicht vor, wenn die Verlustzuweisungen die Einlageleistungen des Anlegers geringfügig übersteigen, da die Verlustzuweisungen hier aufgrund der unbeschränkten persönlichen Haftung des Gesellschafters besonders hoch sind. Von einem „außergewöhnlichen Steuervorteil“ ist jedoch dann auszugehen, wenn dieser das investierte Kapital abzüglich erhaltener Ausschüttungen übersteigt. Denn in einem solchen Fall ist – abgesehen von einem möglichen Gewinnentgang – eine Vermögenseinbuße rechnerisch nicht eingetreten.