RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH, Köln
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0936-2800
Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft
ZBB
2008
Rechtsprechung
VI. Landgerichte
InsO §§ 82, 129 ffZur Kenntnis des Kreditinstituts von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei Leistung an den Schuldner
InsO§ 82
InsO§ 129
LG Dresden, Urt. v. 02.11.2007 – 10 O 929/07 (rechtskräftig), ZIP 2008, 935LG DresdenUrt.2.11.200710 O 929/07rechtskräftigZIP 2008, 935
Leitsätze:
1. Die einmal erlangte Kenntnis über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens dauert fort. Sie kann regelmäßig nur durch zuverlässige Kenntniserlangung über den Abschluss des Insolvenzverfahrens, insbesondere entsprechende amtliche Bekanntmachung, Auskunft des Insolvenzgerichts oder des Verwalters wieder entfallen.
2. Für eine Unkenntnis der Insolvenzverfahrenseröffnung i. S. v. § 82 Satz 1 InsO genügt keinesfalls ein „Nicht-mehr-Kennen“ („Vergessen“) rund vier Jahre nach dessen Eröffnung bzw. rund fünfeinhalb Jahre nach den fraglichen Kontoverfügungen.
3. Es kann nicht darauf vertraut werden, dass Insolvenzverfahren in Zeiträumen von vier bis sechs Jahren abgeschlossen sind.
4. Am allgemeinen Geschäftsleben Beteiligte, auch Kreditinstitute, sind nicht nur gehalten, organisatorisch Vorsorge dafür zu tragen, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ihrer Geschäftspartner zur Kenntnis genommen wird (BGH, Urt. v. 15. 12. 2005 – IX ZR 227/04, ZIP 2006, 138 = ZVI 2006, 111 = ZInsO 2006, 92, dazu EWiR 2006, 213 (Flitsch/Schellenberger)). Sie müssen vielmehr für die Zeit danach grundsätzlich davon ausgehen, dass das Insolvenzverfahren fortdauert. Bei späterem Geschäftsabschluss mit dem Insolvenzschuldner sind sie im eigenen Interesse zur Vermeidung gegenüber dem Verwalter nicht schuldbefreiender Verfügungen gehalten, den Abschluss des Insolvenzverfahrens zuverlässig festzustellen. Eine Schufa-Auskunft genügt hierfür nicht.