RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH, Köln
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0936-2800
Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft
ZBB
2007
Rechtsprechung
IV. Oberlandesgerichte
BGB §§ 195, 199 Abs. 1 Nr. 2, § 280 Abs. 1, § 823; EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1; StGB § 263Zur Frage der Verletzung von Aufklärungspflichten bei Mietpool-Vertrag, Immobilienkaufvertrag und Finanzierungsvertrag aufgrund Gefährdungstatbestands und Wissensvorsprungs, zu den Rechtsfolgen einer solchen Verletzung im Rahmen des Schadensersatzes sowie zur Verjährung von Schadensersatzansprüchen
BGB§ 195
BGB§ 199
BGB§ 280
BGB§ 823
EGBGBArt. 229 § 6
StGB§ 263
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.11.2006 – 15 W 45/06 (rechtskräftig), WM 2007, 355OLG KarlsruheBeschl.27.11.200615 W 45/06rechtskräftigWM 2007, 355
Leitsätze:
1. Erforderliche Aufklärung bei einer Finanzierungsberatung muss vor dem Abschluss des Darlehensvertrages erfolgen.
2. Ein Kreditinstitut kann eine – bestimmte Aufklärungspflichten gegenüber einem Kunden begründende – Gefahrenlage dadurch schaffen, dass sie die Darlehensgewährung mit einem Mietpoolbeitritt des Kunden verknüpft. Dasselbe gilt, wenn das Kreditinstitut in seinem Hause ein System vorsätzlich fiktiver und daher überhöhter Verkehrswertfestsetzungen praktiziert.
ZBB 2007, 149
3. Ein Kunde, gegenüber dem das Kreditinstitut Aufklärungspflichten verletzt, ist im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, wie er stünde, wenn er sämtliche Verträge im Zusammenhang mit dem Immobilienerwerb nicht abgeschlossen hätte.
4. Bei Frage der Schadensverursachung greift eine Umkehr der Beweislast dahin gehend, dass sich der Kunde bei pflichtgemäßer und vollständiger Aufklärung durch das Kreditinstitut aufklärungsrichtig verhalten hätte.
5. Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB lässt sich nicht entnehmen, dass der Lauf der Verjährungsfrist in den dort genannten Fällen kenntnisunabhängig (abweichend von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB) beginnen soll.
6. Ein Wissensvorsprung des Kreditinstituts ist nicht aufklärungsrelevant, wenn es nicht um eine arglistige Täuschung (des Vermittlers oder Verkäufers) geht, sondern um andere spezielle Risiken für den Kunden. Eine Aufklärungspflicht kommt bei einem Wissensvorsprung nur noch dann in Betracht, wenn eine Kenntnis des Kreditinstituts von einer arglistigen Täuschung in Frage steht. Die Kenntnis des Kreditinstituts von einem Betrug der Vermittler bzw. der Verkäufer zieht nur dann Aufklärungspflichten nach sich, wenn der Betrug eine bestimmte Erheblichkeitsschwelle überschreitet.