RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH, Köln
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0936-2800
Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft
ZBB
2001
Rechtsprechung
IV. Oberlandesgerichte
BGB §§ 166, 242, 257, 278, 607Aufklärungspflichten einer Bank bei einer Immobilienfinanzierung
BGB§ 166
BGB§ 242
BGB§ 257
BGB§ 278
BGB§ 607
OLG München, Urt. v. 04.09.2000 – 17 U 2317/00, WM 2001, 252OLG MünchenUrt.4.9.200017 U 2317/00WM 2001, 252
Leitsätze:
1. Eine Vollfinanzierung des Bauträgers kann ein konkretes Insolvenzrisiko und damit eine Gefährdungslage begründen, die zu vorvertraglichen Aufklärungspflichten der finanzierenden Bank gegenüber darlehensnehmenden Erwerbern von Ei-ZBB 2001, 99gentumswohnungen führen kann, wenn aufgrund konkreter Umstände die Wohnungsvermarktung gefährdet und dies der finanzierenden Bank bekannt ist.
2. Die Doppelfinanzierung sowohl des Bauträgers als auch der Mehrzahl der Erwerber begründet grundsätzlich keinen Interessenkonflikt, den die Bank dem Erwerber offenlegen müsste.
3. Die finanzierende Bank muss den Erwerber der Immobilie aufgrund eines konkreten Wissensvorsprunges nur aufklären, wenn ihr bekannt ist, dass ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht, das zur Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäfts führt. Bei einer Überschreitung um 70 % ist dies nicht der Fall.
4. Ob und in welchem Umfang sich erhoffte Mieteinnahmen realisieren lassen, gehört zum allgemeinen wirtschaftlichen Risiko einer Kapitalinvestition und begründet bei Kenntnis von der fehlenden Erzielbarkeit keinen zu Aufklärungspflichten führenden konkreten Wissensvorsprung der Bank.
5. Ob und in welchem Umfang etwaige Provisionen in den Kaufpreis einbezogen sind, unterfällt ausschließlich der Kalkulation des Bauträgers, über welche die finanzierende Bank nicht aufklären muss.
6. Selbst wenn die finanzierende Bank die Geschäftsunerfahrenheit des Darlehensnehmers erkannt hat, besteht keine umfassende Aufklärungspflicht der Bank hinsichtlich einer Immobilienkapitalanlage.
7. Eine hinreichende wirtschaftliche Verflechtung des Kauf- und Darlehensvertrags, die einen Einwendungsdurchgriff nach § 242 BGB rechtfertigt, kommt nur in Betracht, wenn der Darlehensgeber sich nicht auf seine Finanzierungsrolle beschränkt, sondern Funktionen des Verkäufers (Werbung, Vertrieb, rechtliche Ausgestaltung der Geschäfte) im Zusammenwirken mit diesem in einer Art und in einem Umfang wahrnimmt, dass die Berufung auf die rechtliche Selbständigkeit des Darlehensvertrags gegen Treu und Glauben verstößt.