RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln
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2199-1715
Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft
ZBB
2023
RechtsprechungEuropäischer GerichtshofRL 2001/24/EG Art. 33; RL 2006/48/EG Art. 44 – 52; AEUV Art. 123 Abs. 1, Art. 130; Protokoll (Nr. 4) über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank Art. 7, 21.1Zur Staatshaftung einer nationalen Zentralbank
RL 2001/24/EGArt. 33
RL 2006/48/EGArt. 44
RL 2006/48/EGArt. 45
RL 2006/48/EGArt. 46
RL 2006/48/EGArt. 47
RL 2006/48/EGArt. 48
RL 2006/48/EGArt. 49
RL 2006/48/EGArt. 50
RL 2006/48/EGArt. 51
RL 2006/48/EGArt. 52
AEUVArt. 123
AEUVArt. 130
Protokoll (Nr. 4) über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen ZentralbankArt. 7
Protokoll (Nr. 4) über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen ZentralbankArt. 21.1
EuGH, Urt. v. 13.09.2022 – Rs C-45/21 (Ustavno sodišče (Verfassungsgericht, Slowenien)), BKR 2022, 867 = WM 2022, 2128EuGHUrt.13.9.2022Rs C-45/21BKR 2022, 867WM 2022, 2128Ustavno sodišče (Verfassungsgericht, Slowenien)
Urteilsausspruch:
1. Art. 123 Abs. 1 AEUV und Art. 21.1 des Protokolls (Nr. 4) über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank sind dahin auszulegen, dass sie nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen, nach denen eine dem Europäischen System der Zentralbanken angehörende nationale Zentralbank aus Eigenmitteln für Schäden haftet, die ehemaligen Inhabern von Finanzinstrumenten entstanden sind, die sie aufgrund von Sanierungsmaßnahmen i. S. d. RL 2001/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. 4. 2001 über die Sanierung und Liquidation von Kreditinstituten, die von dieser Zentralbank angeordnet wurden, gelöscht hat, wenn sich in einem anschließenden Gerichtsverfahren herausstellt, dass diese Löschung nicht erforderlich war, um die Stabilität des Finanzsystems zu gewährleisten, oder dass die ehemaligen Inhaber von Finanzinstrumenten aufgrund dieser Löschung größere Verluste erlitten haben, als sie im Fall des Konkurses des betreffenden Finanzinstituts erlitten hätten, sofern diese Zentralbank nur haftet, wenn sie selbst oder die Personen, die sie ermächtigt hat, in ihrem Namen tätig zu werden, unter schwerwiegender Verletzung ihrer Sorgfaltspflicht gehandelt hat bzw. haben.
2. Art. 123 Abs. 1 AEUV und Art. 21.1 des Protokolls (Nr. 4) über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank sind dahin auszulegen, dass sie nationalen Rechtsvorschriften entgegenstehen, die vorsehen, dass eine dem Europäischen System der Zentralbanken angehörende nationale Zentralbank aus Eigenmitteln innerhalb vorher festgelegter Grenzen für Schäden haftet, die ehemaligen Inhabern von Finanzinstrumenten entstanden sind, die sie aufgrund von Sanierungsmaßnahmen i. S. d. RL 2001/24, die von dieser Zentralbank angeordnet wurden, gelöscht hat, wobei es für diese Haftung ausreicht, dass
- zum einen diese ehemaligen Inhaber natürliche Personen sind, deren jährliche Einkünfte unterhalb einer in diesen Rechtsvorschriften festgelegten Schwelle liegen, und
- zum anderen diese darauf verzichten, eine Entschädigung für diese Schäden auf einem anderen Rechtsweg zu erlangen.
3. Art. 130 AEUV und Art. 7 des Protokolls (Nr. 4) über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank sind dahin auszulegen, dass sie nationalen Rechtsvorschriften entgegenstehen, die vorsehen, dass eine dem Europäischen System der Zentralbanken angehörende nationale Zentralbank für Schäden, die durch die Löschung von Finanzinstrumenten aufgrund von Sanierungsmaßnahmen i. S. d. RL 2001/24, die von dieser Zentralbank angeordnet wurden, in Höhe eines Betrags haftet, der ihre Fähigkeit zur effizienten Wahrnehmung ihrer Aufgaben beeinträchtigen könnte und der, nach Priorität geordnet, finanziert wird durch:
- Verwendung aller von dieser Zentralbank ab einem bestimmten Zeitpunkt erzielten Gewinne für Sonderrücklagen,
- Entnahme aus den allgemeinen Rücklagen derselben Zentralbank, die 50 % dieser Reserven nicht übersteigen darf, und
- Aufnahme eines verzinsten Darlehens bei dem betreffenden Mitgliedstaat.
4. Art. 33 RL 2001/24, Art. 44 bis 52 RL 2006/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. 6. 2006 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit von Kreditinstituten sowie Art. 53 bis 62 RL 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. 6. 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der RL 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG sind dahin auszulegen, dass die in diesen Artikeln enthaltenen Vorschriften nicht auf Informationen anwendbar sind, die bei der Durchführung von Sanierungsmaßnahmen i. S. d. RL 2001/24 erlangt worden oder entstanden sind und nicht Gegenstand von in den Art. 4, 5, 8, 9, 11 und 19 der RL 2001/24 vorgesehenen Unterrichtungs- oder Konsultationsverfahren gewesen sind.