RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln
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2199-1715
Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft
ZBB
2022
RechtsprechungEuropäischer GerichtshofRL 2003/71/EG Art. 3, 6Haftung des Emittenten aus dem veröffentlichten Prospekt auch gegenüber qualifizierten Anlegern („Bankia“)
RL 2003/71/EGArt. 3
RL 2003/71/EGArt. 6
EuGH, Urt. v. 03.06.2021 – Rs C-910/19 (Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof, Spanien)), RIW 2021, 519 = ZIP 2022, 132EuGHUrt.3.6.2021Rs C-910/19RIW 2021, 519ZIP 2022, 132Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof, Spanien)
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:
1. Art. 6 i. V. m. Art. 3 Abs. 2 Buchst. a RL 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. 11. 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der RL 2001/34/EG in der durch die RL 2008/11/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. 3. 2008 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die Haftungsklage wegen der im Prospekt enthaltenen Angaben im Fall eines öffentlichen Angebots zur Zeichnung von Aktien, das sich sowohl an Kleinanleger als auch an qualifizierte Anleger richtet, nicht nur von den Kleinanlegern, sondern auch von den qualifizierten Anlegern erhoben werden kann.
2. Art. 6 Abs. 2 RL 2003/71 in der durch die RL 2008/11 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er Bestimmungen des nationalen Rechts, die es im Zusammenhang mit einer von einem qualifizierten Anleger wegen der im Prospekt enthaltenen Angaben erhobenen Haftungsklage dem Gericht erlauben oder sogar vorschreiben, zu berücksichtigen, dass dieser Anleger aufgrund seiner Beziehungen zum Emittenten des öffentlichen Angebots zur Zeichnung von Wertpapieren unabhängig vom Prospekt Kenntnis von der wirtschaftlichen Situation des Emittenten hatte oder haben musste, dann nicht entgegenstehen, wenn diese Bestimmungen nicht ungünstiger sind als diejenigen für im nationalen Recht vorgesehene gleichartige Klagen und nicht in der Praxis bewirken, dass die Erhebung dieser Haftungsklage unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird.