RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH, Köln
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0936-2800
Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft
ZBB
2006
Rechtsprechung
V. Oberlandesgerichte
BGB §§ 242, 278; AGBG § 11 Nr. 15, § 23Zu den Aufklärungs- und Beratungspflichten einer Bank bei Empfehlung eines Filmfonds
BGB§ 242
BGB§ 278
AGBG§ 11
AGBG§ 23
OLG Hamburg, Urt. v. 29.08.2005 – 11 U 189/04 (rechtskräftig), ZIP 2006, 20OLG HamburgUrt.29.8.200511 U 189/04rechtskräftigZIP 2006, 20
Leitsätze:
1. Nach den Grundsätzen des Bond-Urteils (BGH v. 6. 7. 1993 – XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126 = ZIP 1993, 1148) kommt ein stillschweigender Auskunfts- und Beratungsvertrag zustande, wenn sich eine Bank einem Kunden andient, um ihm den Beitritt zu einer Publikums-KG (hier: Film-Fonds) zu vermitteln und ihn diesbezüglich zu beraten, und der Kunde das Beratungsgespräch annimmt. Parallel dazu entsteht ein vorvertragliches Vertrauensverhältnis mit Informationspflichten.
2. Die Bank kann Anlageberaterin und Anlagevermittlerin zugleich sein. Anlageberatung und Anlagevermittlung sind keine Gegensätze. Bei der Anlagevermittlung bestehen (ungeschriebene) Beratungspflichten. Umgekehrt vermittelt auch jeder Berater, der eine Empfehlung abgibt. Informationspflichten bestehen in beiden Fällen.
3. Die Informationsverantwortung der Bank als Anlagevermittlerin gebietet es ihr, dem Kunden einen ggf. existierenden Beteiligungsprospekt unaufgefordert so rechtzeitig zur Verfügung zu stellen, dass er vom Inhalt des Prospekts noch vor Zeichnung der Anlage Kenntnis nehmen kann.
4. Die Haftungsbeschränkung auf grobe Fahrlässigkeit, die die Parteien bereits einige Zeit vor Andienung der KG-Beteiligung in einem Vermögensverwaltungsvertrag vereinbart haben, ist auf den Ersatzanspruch wegen Informationsverschuldens bezüglich der KG-Beteiligung nicht anwendbar, wenn sich der Vertrag nur auf depotfähige Finanzinstrumente bezieht. Die Existenz des Vermögensverwaltungsvertrags prägt jedoch über dessen Anwendungsbereich hinaus das schutzwürdige Vertrauen des Kunden in die Auskünfte der Bank auch bezüglich der KG-Anlage.
5. Die vorgedruckte Klausel auf dem KG-Zeichnungsschein „in Kenntnis des Inhalts des mir überreichten Beteiligungsprospekts“ vermag, wenn überhaupt, Bindungswirkung nur im Verhältnis des Kunden zur KG und zu den Mitgesellschaftern, nicht aber im Verhältnis zur anlagevermittelnden Bank zu entfalten.
6. Zur Inhaltskontrolle von Vertragsbedingungen über den Beitritt zu einer KG.
7. Bei pflichtwidriger Vorenthaltung des Anlageprospekts ist der Kunde im Zweifel so zu stellen, als hätte er die Anlage nicht getätigt. Darauf, ob sich das Risiko, über das der Prospekt aufgeklärt hätte, später auch tatsächlich in Form eines Vermögensschadens (Verlust der Anlage) verwirklicht hat, kommt es nicht an. Deshalb kommt auch ein Vorteilsausgleich bezüglich Steuervorteilen, die der Kunde aufgrund erlittener Verluste erzielt hat, nicht in Betracht.