Die im Zentralen Kreditausschuss (ZKA) zusammengeschlossenen Spitzenverbände der Kreditwirtschaft haben die einheitlich eingesetzten Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte überarbeitet. Die überarbeiteten Sonderbedingungen wurden dem Bundeskartellamt zur Anmeldung der Änderungen nach § 29 Abs. 1 GWB übersandt. Das Kartellamt hat den Änderungen nicht widersprochen.
Die neuen Sonderbedingungen tragen veränderten gesetzlichen Vorgaben und neuen Entwicklungen an den Wertpapierbörsen Rechnung. Die Hintergründe der Änderungen im Einzelnen:
Durch das Vierte Finanzmarktförderungsgesetz wurde § 22 BörsG geändert. Nach der neuen Fassung kann ein Kunde, der als Verbraucher anzusehen ist, eine außerbörsliche Ausführung seiner Wertpapierorder nur noch einzelfallbezogen und nicht mehr – wie nach der alten Rechtslage – für eine Vielzahl von Fällen bestimmen. Diese veränderte gesetzliche Ausgangslage machte eine Umformulierung der Nr. 2 Abs. 1 Satz 1 der Sonderbedingungen notwendig, in der bisher festgelegt war, dass der Kunde auch eine generelle Weisung zur außerbörslichen Ausführung erteilen kann.
Der Vorrang des Präsenzhandels vor der Ausführung in einem elektronischen Handelssystem (§ 10 Abs. 2 BörsG a. F.) wurde durch das Vierte Finanzmarktförderungsgesetz aufgehoben. Nunmehr ist ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen nicht mehr verpflichtet, ohne abweichende Weisung einen Kundenauftrag an einer Präsenzbörse auszuführen. Die veränderte gesetzliche Regelung wird durch eine Änderung der Nr. 2 Abs. 4 der Sonderbedingungen nachvollzogen.
Die Deutsche Börse AG plant im Laufe des ersten Quartals 2003 die Einführung eines so genannten Zentralen Kontrahenten (Central Counter Party – CCP) an der Frankfurter Wertpapierbörse. Der CCP soll Vertragspartner für sämtliche an der Frankfurter Wertpapierbörse ausgeführten Wertpapierorders werden. Diese neue Form des Abschlusses eines Ausführungsgeschäftes wurde in den Sonderbedingungen berücksichtigt. Bisher sahen die Sonderbedingungen in Nr. 1 Abs. 1 Satz 2 lediglich vor, dass ein Kundenauftrag durch ein Ausführungsgeschäft mit einem Marktteilnehmer abgeschlossen wird. Der CCP lässt sich nur schwerlich als ein Marktteilnehmer ansehen, so dass der Abschluss eines Ausführungsgeschäftes mit einer zentralen Gegenpartei in den Sonderbedingungen gesondert zu regeln war.
An den Wertpapierbörsen sind in jüngerer Zeit Modelle für eine Orderausführung außerhalb der eigentlichen Handelsplattformen entwickelt worden. Die Deutsche Börse AG hat im September 2002 unter dem Dach von XETRA ein Handelssegment eröffnet, bei dem Wertpapierorders von Privatkunden nicht zur Ausführung über das XETRA-Orderbuch gelangen, sondern von einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen (Best-Executor) ausgeführt werden, das fortlaufende Kauf- oder Verkaufsangebote stellt („XETRA-Best“). Ein von der grundsätzlichen Idee vergleichbares Ausführungsverfahren sieht das von den Bremer und Berliner Wertpapierbörsen in Kooperation mit der NASDAQ und einigen Banken entwickelte Best-Ex-Modell der geplanten Handelsplattform NASDAQ Deutschland vor. Die neue Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 der Sonderbedingungen soll die Möglichkeit zur Nutzung eines derartigen Systems offen halten, ohne eine Entscheidung für oder gegen die Abwicklung von Kundenaufträgen auf diese Art und Weise zu treffen.
Die neuen Möglichkeiten der Ausführung eines Kundenauftrages machte zudem eine Anpassung der Nr. 5 der Sonderbedingungen notwendig, die die Unterrichtungspflichten der Institute regelt.
Die neuen Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte, die ab dem 1. Januar 2003 Verwendung finden, sind im Folgenden abgedruckt.
Frank Zingel